Lust auf Leben! Der Klimawandel in der Stadt: Ein Plädoyer für die Artenvielfalt.

Lust auf Leben! Der Klimawandel in der Stadt: Ein Plädoyer für die Artenvielfalt.

Der Klimawandel ist da. Klopft er nur an? Wird er mit aller Macht eintreten? Die Klimaszenarien sehen unterschiedlich aus, je nachdem wie viel CO₂ wir ausstoßen. Fest steht jedoch schon heute: Innovative Lösungen zur Klimaanpassung sind gefragt – von allen Beteiligten. Anfangen sollte man vor der eigenen Haustüre. 75 Prozent der Schweizer Bevölkerung leben in urbanen Siedlungsgebieten. Sie sind besonders stark von häufigeren und stärkeren Hitzewellen betroffen. Denn Städte und die angrenzende Agglomeration weisen einen hohen Anteil an versiegelten Flächen auf. 

Unsere Sustainability Managerin in der Schweiz, Juliana Klose, hat für das Green Economy Special der Handelszeitung einen Beitrag über Hitzeminderungmassnahmen im urbanen Raum geschrieben:

Entsiegeln, bepflanzen, beschatten

Ganze Straßenzüge, öffentliche Plätze und Gewerbeflächen wurden mit Asphalt versiegelt. Worüber sich die wenigsten Menschen Gedanken machen: Der dunkle Asphalt heizt sich spürbar auf. Hitzeinseln entstehen. An diesen Orten verweilt niemand gern. Die Menschen brauchen Rückzugsräume. Der nahegelegene Park, die grüne Wohlfühloase des eigenen Gartens, die Wiese am blauen See. An Orte, an denen unser Boden noch atmen kann. Was sich dort abspielt, ist enorm. Der Boden gilt als artenreichster Lebensraum der Erde. Er stellt die Grundlage für die Pflanzenvielfalt dar. Entsprechend sorgfältig sollten wir mit der grünen Haut unseres Planeten umgehen. Denn Grünflächen kühlen!

In Zeiten des Klimawandels ist dieser Aspekt für die städtebauliche Planung besonders relevant. Wenn Niederschlagswasser im Boden versickert und von Pflanzen gespeichert wird, kann es an heissen Tagen wieder verdunsten. Die Evapotranspiration sorgt für Kühlung.

Die Klimakarten des Kantons Zürich zeigen:

In Städten ist es bis zu 10 Grad heißer als auf dem Land. Thomas Stoiber ist beim Zürcher Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel) für das Thema Maßnahmen gegen Hitze zuständig. Damit Städte weiterhin attraktive Wohnund Arbeitsstandorte bleiben, sieht er als Co-Leiter Klima und Mobilität großen Handlungsbedarf. Denn Tropennächte mit Temperaturen über 20 Grad Celsius führen dazu, dass wir in der Nacht schlechter schlafen. Extreme Hitze senkt auch die Arbeitsproduktivität eines Unternehmens. Doch Abhilfe kann geschaffen werden. Stoiber rät zu "mehr Grün und Blau statt Grau". Anstatt Asphaltwüsten sollte eine klimaangepasste Stadt viele Bäume und Grünflächen aufweisen, bei der Wasserelemente für zusätzliche Kühlung sorgen. Entsiegeln, bepflanzen, beschatten. Für ihn sind das die effektivsten Maßnahmen. Vor allem Bäume. Auf die werden wir setzen müssen.

Bäume interessieren auch Arthur Gessler. Er forscht im Bereich Walddynamik und Ökosystem-Ökologie an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. "Um von den Ökosystemleistungen zu profitieren, muss die Natur zurück in die Städte." Dabei stellt auch Totholz einen wichtigen Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren, Pilzen, Pflanzen und Flechten dar. Neben dem Biodiversitätsaspekt ist für die städtebauliche Planung die hohe Wasserspeicherkapazität von Totholz interessant. Insbesondere morsches Holz weist das Potenzial auf, als naturbasierte Lösung in Schwammstadtprojekten zu fungieren.

Wildbienenparadiese à la ETH

Das ETH Spin-off Wildbiene + Partner, die Muttergesellschaft von BeeHome by Pollinature, engagiert sich seit 2013 für die Artenvielfalt. Entstanden sind so naturnahe Flächen im urbanen Raum. Auf Flachdächern, über Tiefgaragen, in Wohnsiedlungen. Mittlerweile gibt es "Wildbienenparadiese" beispielsweise in den Kantonen Zürich, Luzern, Graubünden, Neuenburg und Thurgau. Dabei lohnt es sich, bei Stadtprojekten Biodiversität von Anfang an mitzudenken. So entstehen bei Maßnahmen gegen die Hitze oder Photovoltaikanlagen auf Dächern wertvolle Synergien. Wildbiene + Partner übernimmt hier die Fachplanung Biodiversität, Materiallieferung, Bepflanzung und Pflege.

Ein Geschäftsmodell mit sozialem und ökologischem Mehrwert: Neben der unglaublichen Pflanzenvielfalt kann man mitten in der Stadt Sandlinsen, markhaltige Stängel, morsches Holz und Wurzelstöcke entdecken. Bedrohte Wildbienenarten tummeln sich. Weitere Insekten wie Schmetterlinge sowie Vögel, Amphibien und Reptilien profitieren von der naturnahen Umgebungsgestaltung. Infotafeln mit digitalen Inhalten informieren Passanten über Wildbienen und die Strukturen, auf die sie angewiesen sind. Denn Biodiversität bedeutet vor allem eins: Lust auf Leben! 


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